Bei einem Abnehmerkredit oder auch „Vorauszahlungskredit“ oder „Handelskredit“ handelt es sich um einen Kredit, der hauptsächlich im Bauwesen und im Handel in Anspruch genommen wird. Der Abnehmerkredit ermöglicht kurz- und mittelfristige Finanzierungen, die zwischen einem Waren- und Dienstleistungsnehmern (Besteller oder Kunde) und einem Lieferanten zustande kommen. Meist wird der Abnehmerkredit bei größeren Summen in Anspruch genommen. Die Lieferungen und die Zahlungen im Rahmen der Inanspruchnahme eines Abnehmerkredits werden Schritt für Schritt abgewickelt, so dass beide Vertragsparteien sicher sein können, die Ware, beziehungsweise die Zahlung, zu erhalten. An erster Stelle zahlt der Kunde eine Vorausleistung für die Lieferung oder die Dienstleistung. Hierbei handelt es sich in der Regel nur um einen Teil der Gesamtsumme. Für die Zahlung erhält der Kunde dann einen Teil der Lieferung oder einen Teil der Dienstleistung, der rechnerisch dem Wert der geleisteten Vorauszahlung entspricht. Nach diesem Prinzip wird das gesamte Geschäft abgewickelt: Der Kunde leistet Teilzahlungen und erhält daraufhin Teillieferungen oder Teilleistungen, die dem Wert der vorausgegangenen Zahlung entsprechen.
Ein Abnehmerkredit wird in der Regel ohne Zinsen vergeben. Der genaue Zeitpunkt der Auszahlung der Kreditsumme richtet sich immer nach der Höhe der Finanzierungssumme und dem Start des jeweiligen Projekts. Die Finanzierungssumme, die genauen Zahlungstermine und sämtliche weiteren Konditionen des Kredits werden meist vorab schriftlich per Vertrag festgelegt.
Abschlagszahlungen gehören meist nicht zu den Abnehmerkrediten weil diesen Werkverträgen eine vorweggenommene anteilige Erfüllung für schon geleistete, jedoch noch nicht abgerechnete Arbeiten vorausgegangen ist.
Die Vertragsvorgaben zu Abnehmerkrediten sind in § 433 Abs. 1 BGB geregelt.
Grundsätzlich kann dieser Kredittyp sowohl für Geschäfte zwischen nationalen als auch für Geschäfte mit internationalen Privatpersonen oder Firmen genutzt werden. Bei Rechtsgeschäften mit ausländischen Firmen ist jedoch zu beachten, dass neben dem Kreditrisiko auch ein Länderrisiko und ein Rechtsrisiko gegeben sind. Mögliche Forderungen / Rückforderungen unterliegen somit immer dem ausländischen Recht des Landes, in dem das Unternehmen gemeldet ist, mit Handel betrieben wird. Darüber hinaus sollte nicht unterschätzt werden, dass fremde Länder nicht selten von einer instabilen politischen und wirtschaftlichen Lage betroffen sind. Somit können sich auch in Bezug auf Schwankungen in Politik und Wirtschaft Probleme dabei ergeben, eigentlich begründete Forderungen geltend zu machen.
Wann wird diese Kreditart am häufigsten in Anspruch genommen?
Gerade bei Geschäften mit sehr hohen Summen wird der Abnehmerkredit sehr häufig in Anspruch genommen. Ein klassisches Beispiel hierfür ist der Hausbau. Der Bauherr zahlt immer wieder Teilbeträge als Vorausleistungen für weitere Arbeiten an dem Grundstück und an der Immobilie. Der große Vorteil für den Bauherrn hierbei ist, dass dieser keine unrealistischen Summen direkt bei der Vergabe des Bauauftrags aufbringen muss. Der finanzielle Druck wird somit gesenkt. Auch bietet der Abnehmerkredit eine gewisse Sicherheit in Bezug auf die Fertigstellung des Projekts. Sollte es Probleme mit den beauftragten Baufirmen geben, zum Beispiel weil diese unzuverlässig arbeiten oder vor einer Insolvenz stehen, ist der finanzielle Schaden auf Seiten des Bauherrn nicht allzu hoch, da dieser für die weitere Fertigstellung eine andere Firma beauftragen kann und nicht erst sein Geld langwierig bei dem eigentlich beauftragen Unternehmen zurückfordern muss. Für die Baufirma ist der Abnehmerkredit deshalb vorteilhaft, da dieser durch die Vorauszahlungen eine Vorfinanzierung erhält. Nicht selten müssen Baufirmen vorab große Summe, beispielsweise für Personalkosten oder für Baumaterialien investieren, die die Leistung oder Lieferung erst ermöglichen.
Abnehmerkredite werden nicht nur im Bauwesen, sondern auch oft im Handel vergeben. In diesem Fall erhalten Käufer ihre Ware schrittweise nach vorausgegangenen einzelnen Teilzahlungen. Auch hier hat der Besteller eine größere finanzielle Sicherheit. Sollte dieser ein Geschäft mit einem unseriösen Verkäufer abgeschlossen haben, der nicht pünktlich liefert oder dessen Ware nicht den qualitativen Vorgaben entspricht, kann der Besteller ohne großen finanziellen Schaden das Rechtsgeschäft rückgängig machen und sich so schneller nach einem alternativen Lieferanten umsehen. Der Anbieter aus dem Bereich Handel kann durch die Vorausleistungen in Form von Anzahlungen von mehr Planungssicherheit profitieren. Zudem kann er die Vorausleistungen nutzen, um bereits in zukünftige Projekte zu investieren und so den Fluss seiner Geschäfte kontinuierlich zu sichern.
Der Abnehmerkredit bietet entsprechend branchenübergreifend viele Vorteile sowohl für Besteller von Waren oder Dienstleistungen als auch für die jeweiligen Anbieter dieser gleichermaßen. Damit bezüglich dem genauen Ablauf der Finanzierung keine Irritationen entstehen, ist es immer ratsam, die Vereinbarungen schriftlich per Vertrag vorab festzuhalten. Branchenfremden oder in Bezug auf die Inanspruchnahme von Krediten unerfahrenen privaten Personen oder Unternehmen ist immer zu raten, sich vor dem Abschluss des Kreditvertrags anwaltlich zu diesem Thema beraten zu lassen. Zumindest sollte jedoch das Internet genutzt werden, um sich in das fachfremde Thema einzuarbeiten.
Rechtliche Grundlagen
Gemäß § 320 BGB ist gesetzlich nicht vorgegeben, dass Kunden für Teillieferungen mehrere Vorausleistungen machen müssen. Die Pflicht zur An- und Vorauszahlung wird jedoch häufig mit Vorausleistungsklauseln in Zahlungsbedingungen im Vertrag begründet. Da die Vorausleistungen beide Vertragsparteien vor finanziellen Schäden absichern, wird die Grundidee der schrittweisen Leistung jedoch von den gesetzlichen Regelungen in § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB gestützt. Durch die Abnehmerkredite wird das Risiko der Leistungsunfähigkeit des Lieferanten gesenkt. Zudem wird dem Kunden das Druckmittel der „Einrede des nicht erfüllten Vertrags“ für die Durchsetzung seiner Rechte auf Vertragserfüllung gemäß § 320 BGB genommen. Solche Vertragsklauseln sind gemäß § 305c Abs. 2 BGB nur dann wirksam, wenn für diese ein sachlicher Grund vorliegt und die Belange des Kunden den Vertragsinhalten nicht entgegenstehen. In der Praxis ist dies meist nicht der Fall, so dass der Abnehmerkredit von beiden Seiten ohne Probleme in Anspruch genommen werden kann.
Berücksichtigung in der Bilanz
In der Bilanz des Kunden werden Anzahlungen und Vorausleistungen als „geleistete Anzahlungen“ vermerkt. In der Regel sind diese Anzahlungen gemäß § 253 Abs. 1 HGB mit einem Nennwert zu benennen. Der Besteller trägt oftmals ein unbesichertes Kreditrisiko (Delkredererisiko). Dieses Risiko kann der Kunde im Normalfall durch Anzahlungsbürgschaften / Vertragserfüllungsbürgschaften von Kreditfirmen, Banken, Delkredereversicherungen und Kautionsversicherungen absichern lassen. Bei Importen kann die finanzielle Absicherung durch eine Exportkreditversicherung vorgenommen werden.
Weitere Definitionen:
Ein Abnehmerkredit ist eine besondere Form eines Handelskredits, welcher ein Lieferant seinem Abnehmer gewährt. Abnehmerkredite werden auch Handelskredit, Beschaffungskredit, Kundenanzahlung oder Vorauszahlungskredit genannt.
Wie bei jedem Kundenkredit ist auch der Abnehmerkredit ein Kaufvertrag nach § 433 BGB. Ursächlich für das Zustandekommen eines Abnahmekredites ist häufig eine längere Kapitalbindungsdauer, die mit der Planung, Vorbereitung und Erstellung größerer Projekte verbunden ist. Daher finden Abnehmerkredite häufig Anwendung bei größeren Bauvorhaben oder vergleichbaren Projekten, wie etwa der Finanzierung im Großanlagenbau oder im Schiffbau . Gemeinsam haben solche Projekte, dass hierbei die entstehenden Kosten eine beträchtliche Höhe erreichen können. Ein weiterer Grund neben der Finanzierungshöhe eines Vorhabens, der für ein Abnehmerkredit sprechen könnte, wäre gegeben, wenn eine längere Zeitspanne zwischen Auftragserteilung und dem Auftragsabschlusses liegen sollte. Beide Faktoren stellen sowohl den Kunden, als auch den Lieferanten vor ein schwer kalkulierbares Risiko. Sollte eine der beiden Parteien durch eine Insolvenz finanziell nicht mehr handlungsfähig sein, minimiert sich der potentielle Schaden deutlich. Diesem Risiko können durch den Abnehmerkredit sowohl der Lieferant als auch der Käufer begegnen und so eine Reduzierung des Risikos erreichen.
Auch im normalen Handelsgeschäft werden Abnehmerkredit geschlossen. Klassischerweise bieten Verkäufer bei größeren Bestellungen an, diese erst nach und nach zu erfüllen und im Gegenzug auch nur Teilzahlungen zu verlangen.
Abnehmerkredite folgen stets dem gleichen Muster, wobei sowohl der Lieferant, als auch der Abnehmer zu bestimmten Leistungen bzw. Lieferungen verpflichtet sind. Wie bei jedem Kredit werden die Zahlungsbedingungen im Vorhinein vertraglich bestimmt. Dabei wird für jede Zahlung des Klienten anteilig eine Leistung oder Lieferung des Lieferanten gewährt. Hierbei wird noch bevor der Kunde die erstandene Dienstleistungen oder Produkte erhalten hat, mit der Zahlung des vereinbarten Kaufpreises begonnen. Dabei wird meist der Gesamtbetrag über mehrere Raten verteilt.
Die Höhe und die Häufigkeit der Zahlungen hängen von den jeweiligen Handelsbräuchen der entsprechenden Branche und der wirtschaftlichen Situation ab. In der Baubranche ist es zum Beispiel üblich, dass das erste Drittel der Gesamtkosten nach Abschluss des Vertrags, das zweite Drittel nach Fertigstellung des Rohbaus und das letzte Drittel nach der Übergabe des fertigen Gebäudes gezahlt wird.
Die auffälligste Besonderheit bei einem Abnehmerkredit ist, dass diese Form des Kredits zinslos gewährt wird. Allerdings können indirekt doch Zinsen anfallen, da der Preis für eine Leistung des Lieferanten umso höher liegen wird, je später die Zahlung erbracht wird. Eine weitere Besonderheit gegenüber üblichen Bankenkrediten ist, dass Abnehmerkredite zumeist kurz- bis mittelfristig angesetzt werden.
Ein großer Vorteil bei einem solchen Vorgehen, liegt insbesondere bei Geschäften vor, die an größere Summen gebunden sind. Hierbei stellt der Abnehmerkredit durch den sukzessiven Abbau der Zahlungsschuld auf der einen Seite und dem sukzessiven Leisten der Dienstleistung oder der Lieferung auf der anderen Seite, ein probates Mittel zur Absicherung des Geschäftsrisikos, sowohl für Lieferanten als auch Käufer, dar.
Vorteilhaft ist dabei für den Lieferanten, dass dessen Vorschussleistung in einem verträglichen Rahmen festgeschrieben sind. Dies sichert dem Lieferanten eine hohe Liquidität zu und er kann somit seine laufenden Ausgaben durch die stetigen Einnahmen sichern. Außerdem kann sich der Lieferant so vergewissern, dass der Auftraggeber auch tatsächlich zahlungsfähig ist. Weiter ist der Lieferant in die Lage versetzt das Vorhaben durch den Abnehmerkredit auf die konjunkturelle Lage abzustimmen. Anbieter haben darüber hinaus hier den Vorteil der Planungssicherheit und eines verringerten Organisationsbedarfes, da ein Kunde ggf. gleich zu Beginn eine größere Bestellung tätigt. Dadurch muss der Anbieter nicht ständig neue Kunden akquirieren und kann weiter in die Zukunft planen. Es ist daher nicht verwunderlich, dass Abnehmerkredite von Unternehmern häufig zur Absatzförderung genutzt werden.
Auf der anderen Seite profitiert der Kund vom Abnehmerkredit insofern, dass die vereinbarte Gesamtsumme nicht sofort gezahlt werden muss, was viele größere Projekte erst ermöglicht. Darüber hinaus profitiert auch der Kunde von der erhöhten Planungssicherheit und dem verringertem Gesamtrisiko.
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